Biogasanlage Funktion und Biogas in der Geschichte
Biogas ist keine Erfindung der Neuzeit – seit Leben auf der Erde existiert, wird auch Biogas gebildet. Unter Ausschluss von Luftsauerstoff wird organische Materie von Mikroorganismen abgebaut bzw. mineralisiert, um wieder für biologische Aufbauprozesse zur Verfügung zu stehen (Stoffkreislauf). Die dabei entstehenden Fäulnis-Gase werden als Biogas bezeichnet, wenn diese kontrolliert unter technischen Rahmenbedingungen entstehen. Das speicher- und transportierbare Biogas besteht zu etwa gleichen Teilen aus dem inerten Kohlenstoffdioxid und dem energiereichen Methan. Es lässt sich sowohl in elektrischen Strom als auch in „Bio-Erdgas“ (Biomethan) umwandeln und stellt somit eine flexible Energiequelle dar.
Basierend auf Erkenntnissen und Technologien der Klär- bzw. Abwasserbehandlung entwickelten sich in der Tier-haltenden Landwirtschaft die bekannten konventionellen Biogas-Systeme (Flüssig-Vergärung). Während anfänglich vor allem tierische Exkremente (Gülle) vergoren wurden, kamen nach kurzer Zeit auch Feldfrüchte zum Einsatz, welche den Gasertrag steigern konnten. (s.a. Artikel: Wie funktioniert eine Biogasanlage?)
Im Jahr 2009 wurden die Subventionen für Strom aus Biogas erhöht, festgelegt im Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG), was in Deutschland einen regelrechten Biogasboom auslöste. Innerhalb von 3
Jahren, zwischen 2009 und 2011, wurden mehr als 3.800 Biogasanlagen gebaut, ebenso viele wie in der letzten 15 Jahren davor. Der Landwirt, der sich zunehmend zum Energiewirt entwickelte, musste sich jedoch bald der „Tank vs. Teller“-Diskussion stellen (Anbau von Feldfrüchten zur Energieproduktion). Im
Jahr 2012 wurden die Vergütungsstrukturen des EEG überarbeitet und die hohen Subventionen zurückgefahren. Darunter leidet die deutsche Biogasbranche seitdem massiv. Der Zubau war mit etwa 148 Anlagen im Jahr 2016 nur noch marginal. „Überlebensfähig“ sind in erster Linie nur noch sogenannte
Gülleanlagen bis 75 kW / 150 kW installierter elektrischer Leistung, die in einer eigenen Kategorie des EEG eine noch akzeptable Förderung erhalten.




Der deutsche Gesetzgeber hat dem unkontrollierten Zubau der grossen zentralisierten Biogasanlagen mit ungeheurem Flächenbedarf (sowohl für Substrate wie auch für die Verwendung des Gärrests als landwirtschaftlicher Dünger) somit einen Riegel vorgeschoben und fördert gezielt nur noch
Güllekleinanlagen, die eine dezentrale umweltverträgliche Verwertung von landwirtschaftlichen Abfällen ermöglichen. Bei Biogasanlagen für Bioabfall ist die Höhe der Abfall-Entsorgungsgebühren zusätzlich zum Stromverkauf entscheidend für einen wirtschaftlichen Betrieb. Hier besteht aber noch eine Konkurrenzsituation mit Kompostier-Betrieben, solange bis der Gesetzgeber eine der Kompostierung vorgeschaltete Vergärung von Bioabfällen verpflichtend vorschreibt.
Durch diese Fehlentwicklung in Deutschland ist der Begriff Biogas in der Öffentlichkeit negativ besetzt, was sich leider auch auf nachhaltig erzeugtes Biogas aus organischen Abfallstoffen (wie z.B. Pferdemist, Grüngut und Bioabfälle) auswirkt.
Verlässt man nun Deutschland als Wiege der modernen Biogastechnologie und betrachtet die angrenzenden europäischen Länder, so finden sich weitere Biogasanlagen in Italien, gefolgt von den UK, Frankreich, Schweiz, Tschechien, Österreich, Schweden, Polen und den Niederlanden. Die Gesamtzahl der Anlagen in diesen Ländern reicht aber noch nicht an die in Deutschland heran. (s.a. Artikel: Wie funktioniert eine Biogasanlage?)
Global betrachtet existieren wohl die meisten Biogasanlagen in China, gefolgt von Indien. Millionen von kleinen Haushalts-Biogasanlagen produzieren aus Essensresten und tierischen Exkrementen Biogas, um den täglichen Bedarf an Energie zum Kochen oder zur Beleuchtung bereitzustellen. Jedoch wurden die enormen Mengen an organischen Abfällen, die weltweit vor allem in den Ballungsgebieten tagtäglich produziert werden, noch nicht als Energiequelle erkannt. In erster Linie fehlen geeignete
Lösungskonzepte und Technologien, um dieses Potenzial nutzbar zu machen.